Im Reich der Frau Holle









Annette Rath-Beckmann
Historikerin | Matriarchatsforscherin

Holle: Namensvarianten



Eugen Drewermann führt den Namen der Holle auf die Ursilbe kal(l) zurück:
"Kall ist jede Vertiefung, jeder Hohlraum, jeder enge Durchlass, ist Schale, Kelle, Höhle, Wohnstatt, Kulthöhle, Quell ... Vor allem aber der mütterliche Leib, die Geburt, das Kind, die Sippe ... Holle bezeichnet demnach den gesamten Bereich des Weiblichen, mithin den Ursprung allen Lebens."

Eugen Drewermann, Ingritt Neuhaus, Frau Holle: Grimms Märchen tiefenpsychologisch gedeutet,
Freiburg, 1982, S.45, Anmerkung 19

Jacob Grimm leitet Holle von ahd. hold, huld (altnord. hollr)ab; eine ihrer Namensvarianten ist Holda / Hulda. Die ursprüngliche Bedeutung ist die Zugeneigte, Huldreiche, die Göttin, die ihrer Schöpfung zugetan ist, die freundliche, milde, gnädige Göttin und Frau.

vgl. Jacob Grimm, Deutsche Mythologie, S. 220


In spätmittelalterlichen schriftlichen Quellen (Handschriften, zum überwiegenden Teil aus dem 15. Jhd., eine darunter aus dem beginnenden 13. Jhd.) taucht der Holle-Name mindestens zehnmal auf, z.T. gleichgesetzt mit Percht oder Diana.

vgl. Andrea Jakob, Wer war Frau Holle? In. Frau Holle: Mythos, Märchen und Brauch in Thüringen, S. 78/79

Den ältesten Namensbeleg für Holle finden wir in den Decretorum libri Burchardi, Anweisungsbüchern des Bischofs Burchard zu Worms (gest. 1025) für den Umgang der Priester mit ihren Gemeindeangehörigen, vor allem den weiblichen.

"Diese sollen gefragt werden, ob sie glauben (oder wissen), daß es Frauen gäbe, die 'mit einer Schar von in Frauengestalt verwandelten Dämonen - die die Dummheit des Volkes Holle nennt – in bestimmten Nächten auf bestimmten Tieren zu reiten und in die Schar dieser Dämonen aufgenommen zu werden.'

Weiter heißt es: '... in nächtlichen Stunden mit der heidnischen Göttin Diana und mit einer ungezählten Menge von Frauen auf bestimmten Tieren zu reiten, um viele Länder der Erde in stiller, tiefer, unheimlicher Nacht zu durchqueren. "

Wolfgang Schild, Holda zwischen und jenseits von Göttin und Hexengestalt: eine christliche Geschichte.
In: Frau Holle: Mythos, Märchen und Brauch in Thüringen, S.46; Original der Handschrift UB Freiburg
HS 311 olim 7


Aufgrund einer Zusammensicht der bisher bekannten mittelalterlichen Schriftquellen lässt sich festhalten, daß der Holle-Name seit dem beginnenden 13. Jhd., mit sehr großer Wahrscheinlichkeit bereits seit Anfang des 11. Jhd. belegt ist, wenn auch weitere Abschriften der 'Decretorum libri Burchardi' anstelle der Holle die Percht benennen, sind doch beide seit Waschnitius und Timm allemal verwandte Gestalten.

vgl. Viktor Waschnitius, Percht, Holda und verwandte Gestalten, Wien, 1914